Perlen der Landschaft

Edertaler Naturdenkmale

Naturdenkmale sind unter Naturschutz stehende Landschaftselemente. Dabei handelt es sich Einzelobjekte wie besondere Bäume oder Flächendenkmale von geringer Größe bis fünf Hektar. Ihr gesetzlicher Schutz begründet sich durch die Seltenheit, Eigenart oder Schönheit sowie den Wert für Wissenschaft, Heimatkunde und Naturverständnis. Für die Ausweisung und Pflege der Naturdenkmale sind die Unteren Naturschutzbehörden zuständig.

Die Naturdenkmalverordnung des Landkreises Waldeck-Frankenberg aus dem Jahr 2013 umfasst 284 Naturdenkmale. In der Gemeinde Edertal wurden 14 Naturdenkmale ausgewiesen, davon betreffen sechs markante Bäume und acht Flächenhafte Naturdenkmale. Dazu gehört auch ein ehemaliger Kieselschiefer-Steinbruch bei Kleinern, der der eine spezielle Faltung aufweist, und der altsteinzeitliche Fund- und Ausgrabungsplatz am "Hundeköppel" bei Buhlen.

Der Ziegeneiche bei Königshagen und dem Schilfgebiet bei Kleinern sind eigene Beiträge gewidmet. Nachfolgend werden vier weitere Flächenhafte Naturdenkmale vorgestellt, die für den Biotop- und Artenschutz von Bedeutung sind.

 

Ederaltarm „Keller“ bei Wellen

„Keller“ - Altwasserrest, bedeckt mit Wasserlinsen (Foto: Wolfgang Lübcke)
„Keller“ - Altwasserrest, bedeckt mit Wasserlinsen (Foto: Wolfgang Lübcke)

Gegenüber von Mandern floss die Eder früher in einem großen U-förmigen Bogen. Die Gemarkungsgrenze zwischen Mandern und Wellen verlief quer durch diese Ederschleife, von der noch eine Flutmulde zu erkennen ist. Der kleine Altwasserrest "Keller" liegt in der Wellener Gemarkung, unweit der Straße nach Geismar.


Es wird berichtet, dass der Wellener Lehrer Frese im Winter hier gern auf Entenjagd ging, weil das Gewässer nicht so rasch zufror. Der Grund dafür ist möglicherweise eine Verbindung zur Bergheimer Thermalquelle. Als einmal das Altwasser zur Entsorgung von Gartenabfällen missbraucht wurde, griff der verstorbene Wellener Heimat- und Naturfreund Willi Müller ein und sorgte dafür, dass das Altwasser erhalten blieb.


Der „Keller“ ist im Jahr 2013 als Naturdenkmal ausgewiesen worden. Zum einen erinnert er an den früheren natürlichen Verlauf der Eder, zum anderen ist er ein Brutplatz verschiedener Wasservogelarten, zum Beispiel Teichhuhn und Krickente, sowie Laichgewässer von Amphibien. Im Frühjahr ertönt hier auch Gesang der Nachtigall.

 

„Klausberg“ bei Hemfurth

„Klausberg“ - Tonschiefer-Felsen mit umgebendem Traubeneichen (Foto: Wolfgang Lübcke)
„Klausberg“ - Tonschiefer-Felsen mit umgebendem Traubeneichen (Foto: Wolfgang Lübcke)

Die Schutzwürdigkeit des "Klausbergs" ist besonders durch das Vorkommen der Pfingstnelke begründet. Laut Untersuchung des Diplombiologen Ralf Kubosch kommen hier etwa sechs Prozent der Pfingstnelkenbestände des Ederseetrogs vor, das entspricht zwei Prozent aller hessischen Pflanzen dieser Art.


Der geologische Untergrund dieses Standorts ist Tonschiefer aus dem Unterkarbon. Der "Klausberg" weist Reste eines Traubeneichen-Trockenwalds auf. Als dessen weitere typische Pflanzenarten seien genannt: Nordischer Streifenfarn, Rundblättrige Glockenblume und verschiedene Flechtenarten, zum Beispiel die Blasenflechte, die eine Zeigerart saurer Standorte ist, und verschiedene Strauchflechten.


In den ehemals als Hutewald genutzten Südhang wurden früher Kiefern eingebracht. Durch die so verursachte Rohhumusanreicherung ist die Pflanzenwelt gefährdet. Die Herausnahme von Kiefern ist daher eine wichtige Pflegemaßnahme.

 

„Schrummbachsrain“ bei Giflitz

„Schrummbachsrain“ - Steinbruch mit 380 Millionen Jahren altem Tonschiefer (Foto: Wolfgang Lübcke)
„Schrummbachsrain“ - Steinbruch mit 380 Millionen Jahren altem Tonschiefer (Foto: Wolfgang Lübcke)

Dieses Naturdenkmal liegt gegenüber der Giflitzer Grundmühle und schließt sich an den "Kalkrain" an, der aber von anderer geologischer Beschaffenheit ist. Neben einzelnen Naturklippen sind dort durch einen ehemaligen Steinbruch Schichten aus 380 Millionen Jahre altem Tonschiefer des Mitteldevons aufgeschlossen. Nach Angaben des verstorbenen Geologen Dr. Jens Kulick enthalten diese zahlreiche Versteinerungen von Meerestieren, zum Beispiel Armfüßer (Brachiopoden) und Dreilappkrebse (Trilobiten).


Aus botanischer Sicht bemerkenswert ist die wärmeliebende Felsgesellschaft. Laut dem Korbacher Botaniker-Ehepaar Albert und Charlotte Nieschalk gibt es hier ein reiches Vorkommen der in Waldeck-Frankenberg seltenen Felsenmispel, die Relikt einer Wärmezeit ist. Außerdem kommen hier einige wärmeliebenden Rosenarten vor, zum Beispiel  die im Kreisgebiet seltene Acker-Rose, deren Bestände rückläufig sind. Bestimmte Farnarten, die an diesen Felsen wachsen, zählen nach Angaben des Ehepaars Nieschalk zu den großen  Seltenheiten der europäischen Flora.

 

„Sengelsberg“ bei Böhne

„Sengelsberg“ - markanter Berg mit Fernsicht (Foto: Wolfgang Lübcke)
„Sengelsberg“ - markanter Berg mit Fernsicht (Foto: Wolfgang Lübcke)

Wie ältere Menschen aus Böhne berichten, war früher dort eine Heidefläche, die mit Schafen beweidet und immer malwieder abgebrannt wurde. Daher stammt vermutlich der Name für diesen markanten Berg. Das mundartliche Wort "sengeln" bedeutet abbrennen.


Anlass für die Ausweisung des Sengelsbergs als Naturdenkmal war das frühere Vorkommen der stark gefährdeten Kreuzkröte in der ehemaligen Sandgrube. Diese Amphibienart besiedelt als Pionierart vegetationslose bzw. -arme Lebensräume mit stark besonnten Gewässern.


Zum Erhalt der Kreuzkrötenpopulation am Sengelsberg hätte das Laichgewässer von beschattenden Gehölzen und der umgebenden Vegetation freigehalten werden müssen. Die Gehölzentnahme wäre im Rahmen einer Ausgleichsmaßnahme möglich gewesen. Da der Sengelsberg aber den rechtlichen Status von Wald hat, stoppte der zuständige Revierförster die Fällung der Bäume. Inzwischen ist die Kreuzkröte hier ausgestorben. Der Sengelsberg hat jedoch den Charakter einer großen Feldholzinsel, die insbesondere für die Vogelwelt wertvoll ist.

 

Eine Schutzhütte am Rand des Naturdenkmals lädt Wanderer zum Verweilen ein. Von dort aus genießt man eine weite Fernsicht auf Schloss und Stadt Waldeck, den Stausee von Affoldern, die Berge des Nationalparks, das Edertal, Bad Wildungen und Böhne.

 

 Wolfgang Lübcke