Unsere Störche

Botschafter für den Naturschutz

Auch im Jubiläumsjahr 2022 des NABU Edertal sind die Wappenvögel des Naturschutzverbandes wieder an ihren Brutplatz an der Wesemündung bei Giflitz zurückgekehrt. Das Storchen-Weibchen mit der Ringnummer HES SE 142 brütet dort alljährlich seit 2010. Es wurde am 6. Juni 2008 als eines von drei Nestlingen im Baseler Zoo in der Schweiz beringt. Das Männchen des jetzigen Brutpaares trägt ebenfalls einen Ring mit der Nummer DER AL 925. Es brütet seit 2016 in Edertal und wurde am 8. Juni 2013 als Nestling in Rheinau-Freistett in Baden-Württemberg, südlich von Karlsruhe, beringt.

 

Der Altvogel bringt den Jungen Futter (Foto: Hermann Sonderhüsken)
Der Altvogel bringt den Jungen Futter (Foto: Hermann Sonderhüsken)

Um das Jahr 1900 hatten die letzten Störche im Edertal bei Anraff gebrütet. Nachdem ein Wildunger Jagdpächter einen Altstorch und drei Junge erschossen hatte und im nächsten Jahr der übrig gebliebene Storch mit einem anderen Partner einen störungsbedingten erfolglosen Brutversuch unternommen hatte, war das Ende der Störche im Edertal gekommen. Dazu schrieb der Anraffer Lehrer Heinrich  Schreff 1933: "Das hat die Störche fortziehen lassen, wahrscheinlich für immer; denn der alte Ederlauf, früher voller Sümpfe und Wasserlöcher, ist stark ausgetrocknet. Das Heer der Röhlinge (Frösche) ist vermindert."  So blieb auch die Anbringung einer Nisthilfe im Jahr 1954 auf einer gestutzten Weide bei Anraff durch den Korbacher Studienrat Hellmuth Henning ohne Erfolg.

 

Umso größer war die Überraschung, als sich im Jahr 2008 ein Storchenpaar auf einem Strommasten der Energie Waldeck-Frankenberg (EWF) ansiedelte. Ein Mitarbeiter des Energieunternehmens erlebte das so: Auf dem Computer-Bildschirm der Kontrollstelle wurde an der Wesemündung eine Störung angezeigt. War da etwa ein Baum auf die Stromleitung gefallen? Sofort startete ein Störtrupp, um vor Ort nachzusehen. Schnell war die Ursache gefunden.
Auf einem Strommasten hatte ein Storchenpaar mit dem Bau seines Horstes begonnen. Offensichtlich hatte dabei ein Ast die Leitung berührt, was zu einem Kurzschluss führte. Die EWF schalte eine Ringleitung, um das benachbarte Dorf Bergheim mit Strom zu versorgen. So gab es keine Gefahr mehr durch die Stromleitung für die Vögel an ihrem Horst. Die EWF übernahm eine Patenschaft für die Störche. Vor der Rückkehr der Störche im Jahr 2009  erfolgten dann Sicherungsmaßnahmen, indem der Horst durch einen Aufsatz höher gestellt wurde. Zudem wurden die Leitungsdrähte im Horstbereich isoliert.

 

Das Storchenpaar auf Nahrungssuche (Foto: Hermann Sonderhüsken)
Das Storchenpaar auf Nahrungssuche (Foto: Hermann Sonderhüsken)

Alljährlich sind viele Naturfreunde aus nah und fern begeistert, wenn im Frühjahr unsere Störche aus ihrem Winterquartier in Spanien zurückkehren. Viele Menschen spazieren von der Bergheimer Straße aus auf dem Storchenweg zum Brutplatz oder machen hier Halt, wenn sie auf dem Eder-Radweg unterwegs sind. Bänke laden zur Rast ein und es gibt aktuelle Informationen zu den Störchen. Spaziergänger und Radler freuen sich auch, wenn sie im Edertal zwischen Mehlen und Mandern die Störche bei der Nahrungssuche auf den Wiesen beobachten können. Das Beutespektrum der Störche reicht von Regenwürmern, Amphibien, Reptilien, Heuschrecken bis hin zu Mäusen
und sogar Maulwürfen. Und spannend ist dann alljährlich, wie viele Junge im Horst sind. Bisher waren es meist zwischen zwei und vier Jungstörche. Im Jahr 2010sogar fünf, davon wurden leider zwei der unerfahrenen und zu tief fliegenden Jungen auf der Bahnhofstraße  totgefahren. Insgesamt von 2008 bis 2021 insgesamt 42 großgezogen.
Mit Spannung wird alljährlich von den vielen Menschen die Ankunft der Störche, die Anzahl der Jungen, deren erste Flugversuche, ihr Abflug vom Horst und die gemeinsame Nahrungssuche der gesamten Familie verfolgt. Dann immer wieder die Fragen: Wann fliegen die Jungen und wann die Alten ab? Viel Gesprächsstoff für alle Storchenfreundinnen und -freunde!

 

Hermann Sonderhüsken - aufmerksamer Beobachter am Storchenhorst (Foto: Jonas Dittert)
Hermann Sonderhüsken - aufmerksamer Beobachter am Storchenhorst (Foto: Jonas Dittert)
Seitdem wieder Störche in Edertal brüten, haben sie einen besonders aufmerksamen Beobachter. Das ist Hermann Sonderhüsken aus Giflitz. Er dokumentiert alljährlich das  Brutgeschehen und hält alle wichtigen Ereignisse mit hervorragenden Fotos fest. Über die Edertaler Störche berichtet er regelmäßig in der Waldeckischen Landeszeitung. Oft trifft man ihn mit seiner Kamera am Storchenhorst, wo er ein geschätzter Gesprächspartner der vielen Besucherinnen und Besucher ist. Zudem sorgt er dafür, dass der dortige NABU-Schaukasten aktuelle Informationen bietet. Inzwischen hat er fünf Bildbände über die Edertaler Störche veröffentlicht. Vier der reich bebilderten Bände hat Hermann Sonderhüsken auch finanziert. Ihr Verkaufserlös kommt in voller Höhe dem Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten unserer Heimat zugute.

Wolfgang Lübcke