Der Stausee von Affoldern ist das älteste Naturschutzgebiet in der Gemeinde Edertal. Es wurde 1975 ausgewiesen. Das 165 Hektar große Gebiet besteht aus einem Nord- und einem Südteil, getrennt durch eine langgestreckte Insel, die bis zur Erweiterung des Sees im Jahr 1972 den Begrenzungsdamm bildete. Der südliche Teil grenzt an den Nationalpark.
Anfang November unternehmen wir einen etwa einstündigen Rundgang im oberen Bereich des Stausees, denn jetzt sind die ersten Wintergäste zu erwarten. Die besten Beobachtungsmöglichkeiten bietet ein Pfad, der von der Betriebsbrücke des Kraftwerks her in einem großen Bogen auf den Radweg entlang der Bahnlinie führt. Hier ist die Entfernung zu den Wasservögeln am geringsten und hier konzentrieren sie sich bei strengem Frost. Um Störungen zu vermeiden, sollten Beobachtungen während dieser Zeit nur aus der Deckung des Ufergehölzes heraus gemacht werden. Parkmöglichkeiten bestehen am Bikertreff „Zündstoff“. Der Einstieg in den gut einstündigen Rundweg ist etwa 50 Meter links vor der Brücke. Einen guten Einblick bietet der von Anglern errichteten Gerhard-Wolf-Platz, direkt am Ufer.
Wir staunen über die große Ansammlung an Wasservögeln. Es sind geschätzt 400 Blässhühner und 150 Reiherenten. Die Reiherenten haben im Spätsommer und Frühherbst auf dem Stausee ihren hessenweit größten Mauserplatz. Das störungsarme Gebiet bietet günstige Voraussetzungen für den Wechsel ihres Großgefieders. Ende August 2017 betrug das Maximum 944 Exemplare dieser Tauchenten-Art. Zwischen den Reiherenten entdecken wir auch einige Schellenten. Die Männchen sind an dem weißen Backenfleck zu erkennen. Diese Vögel kommen als Wintergäste aus Nordeuropa zu uns. Der obere Bereich des Stausees von Affoldern ist für diese Vogelart der beste Beobachtungsplatz im gesamten Kreisgebiet. Die Kormorane, die nach ihrer Tauchjagd auf Fische auf aus dem Wasser ragenden Ästen ihr Gefieder trocknen, haben am Rand des Nationalpark ihren Schlafplatz. Die Haubentaucher sind auch im Sommer am Stausee zu beobachten, brüten dort aber nicht, weil die nötige Ufervegetation fehlt. Das gesamte Ederseegebiet beherbergt die hessenweit bedeutendste Winterpopulation dieser Wasservogelart. Der größte Bestand im Winter 2017/18 betrug 299 Vögel.
Nach unserem Rundgang machen wir noch einen kleinen Abstecher zur Hemfurther Brücke, Hier entdecken wir drei Gänsesäger, ebenfalls nordische Wintergäste. Am selben Tag hielten sich auf der Eder unterhalb der Sperrmauer mindestens 40 Exemplare auf. Auch für diese Wasservogelart gehört das Ederseegebiet zu den wichtigsten Überwinterungsbereichen in Hessen. Am Stausee von Affoldern haben die Gänsesäger einen Schlafplatz.
Wolfgang Lübcke
Gänsesäger-Paar (links Weibchen, rechts Männchen) Schellerpel (Fotos: Dieter Bark)